22. SONNTAG im Jahreskreis

 

Evangelium nach Matthäus (16, 21-27)

Jeder Mensch, wir alle, wollen aus unserem Leben etwas machen. Wir möchten, dass es gelingt. Wir möchten das echte, wahre Leben gewinnen. Nur: Wann ist das der Fall? Ein Gewinner hat Freude am Leben. Er genießt das Leben. Er will sich selbst verwirklichen. Er will Glück, Erfolg, ein volles, erfülltes Leben.

Niemand will Verlierer sein. Ein Verlierer ist ewig mit sich und seinem Leben unzufrieden. Gehöre ich zu den Gewinnern, wenn ich viel Geld verdiene? Wenn ich mir alles leisten kann? Wenn ich mir anschaffen kann, worauf ich Lust habe? Wenn ich tun kann, was ich will und auf niemanden Rücksicht zu nehmen brauche? Wenn ich immer meine Interessen durchsetzen kann und immer auf meinen Vorteil bedacht bin? Wenn ich mich immer und überall selbst behaupten kann? Ich will, dass mein Leben gelingt. Wann ist es aber in meinen Augen gelungen?

„Wer sein Leben um jeden Preis festhalten will, der wird das Leben verfehlen, wer aber sein Leben für mich einsetzt, der wird das wirkliche Leben finden.“ Und: Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt?“. Ist das nur ein Wortspiel? Im Johannesevangelium sagt Jesus: „Ich bin gekommen, damit ihr das Leben habt und zwar in Fülle“. Wann ist das der Fall?

Jesus hat es als seine Lebensaufgabe gesehen, den Menschen von Gott und von seinem Reich zu erzählen. Gott möchte eine andere Welt, in der es den Menschen wirklich gut geht. Können wir vielleicht sagen: Gott wollte in seiner Schöpfung eine „Kurskorrektur“ anbringen und deswegen hat er uns Jesus gesandt? Aber das geht nur, wenn Menschen nicht sich selbst, sondern ihn, Gott, in den Mittelpunkt stellen. Nur dann können sie das Leben gewinnen. Wenn Menschen nur um sich selbst kreisen, ist ihr Blick auf Gott und auf die Mitmenschen versperrt. Dann kann ihr Leben nicht gelingen. Deswegen sagt Jesus: „Wer mir nachfolgen will, darf nicht mehr sich selber suchen.“

Das Leben werden wir nur gewinnen, wenn wir den Weg von Jesus gehen: Uns radikal mit Gott einlassen und deswegen auch füreinander da sein, sich füreinander einsetzen, und wo es notwendig ist, die eigenen Interessen hintanstellen. Das ist das Lebensmodell, das Jesus vorlebt und anpreist.

War Jesus deswegen ein Verlierer? In den Augen seiner Gegner schon. Sogar seine Freunde haben das bei seinem Tod und besonders durch die Art seines Todes kurz gedacht. Deswegen haben sie eine große Glaubenskrise durchstehen müssen, bis ihnen klar wurde: Gott hat Jesus eine endgültige, vollkommene Existenz gegeben. Wer sein Leben für Gott einsetzt, wird das Leben gewinnen.

„Wer mir nachfolgen will, darf nicht mehr sich selber suchen, sondern muss sein Kreuz auf sich nehmen.“ Das hat nichts mit „Leidverherrlichung“ zu tun. Es war nicht das Ziel von Jesus, zu leiden und gekreuzigt zu werden. Im Gegenteil: Dort, wo er konnte, hat Jesus immer Leid gelindert und geheilt. Jesus wollte nur seinem Auftrag radikal treu bleiben: Die Menschen mit Gott vertraut machen, ihnen den Weg zu Gott hin weisen. Dadurch kam er in Konflikt mit den herrschenden Vorstellungen über Gott, mit bestimmten religiösen Praktiken und Machtansprüchen, so dass man ihn als eine Bedrohung empfand. Das wurde lebensgefährlich. Aber Jesus hat das in Kauf genommen. Er wollte seiner Aufgabe und seinem Glauben an Gott treu bleiben, egal was das auch kosten würde.

Als Christen, als Menschen, die das Lebensmodell von Jesus anstreben wollen, wollen wir dann auch alle scheinbaren Nachteile, Unbequemlichkeiten und scheinbaren Verluste (also alle mögliche Formen von „Kreuz“) in Kauf nehmen. Wir wollen nicht mit zusammengebissenen Zähnen Opfer bringen, sondern versuchen, die Angst um uns selbst abzulegen im Vertrauen darauf, dass Gott uns hält. Wir wollen unser Leben nicht um jeden Preis festhalten, damit wir es nicht verfehlen. Wir wollen unser Leben für Gottes Reich einsetzten, und so das wirkliche Leben finden. Ist das unsere feste Absicht?

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